Nun haben wir es also auch schriftlich, dass es mit der Barrierefreiheit in Deutschland nicht so gut bestellt ist! Anders als unsere Regierenden immer behaupten erfüllt Deutschland die EU-Vorgaben zur Barrierefreiheit nur unzureichend.
Aus diesem Grund leitet die EU-Kommission nun ein Verfahren zur Einhaltung der Bestimmungen gegen die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Europäische Richtlinie zur Barrierefreiheit soll unter anderem dafür sorgen, dass beispielsweise alle Zugänge zu öffentlichen Informationen, so gestaltet werden müssen, dass sie von allen Menschen unabhängig von ihrer Einschränkung wahrgenommen werden können.
Im Bereich der Digitalen Barrierefreiheit bedeutet das beispielsweise, dass alle Formulare, Webseiten usw. barrierefrei gestaltet werden müssen. Alle öffentlichen Videos mit einer Audio-Transkription und Untertiteln versehen werden müssen. Zusätzlich brauchen Bilder Alternativtexte, damit auch Blinde- und Sehbehinderte Menschen alle relevanten Informationen wahrnehmen können. Diese werden im Dashboard einer Webseite eingegeben und können anschließend mit Hilfe eines Screenreader ausgelesen werden. Sehende Person können die Alternativtexte mit dem Web Developer, einem grauen Zahnrad in der Taskleiste sichtbar machen.
Dies gilt für sämtliche gesellschaftliche Bereiche des öffentlichen Lebens, angefangen von barrierefreien Zugängen zum Geldautomaten über den Zugang zu öffentlichen Gebäuden, Bahnhöfen; Verkehrsmitteln bis zur gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsleben oder im Online-Handel.
Zwei Monate hat Deutschland nun Zeit, auf die Beschwerden aus Brüssel zu reagieren. Wird nicht gut genug nachgebessert, droht anschließend die Zahlung eines Bußgeldbetrages in nicht geringer Höhe an die Europäische Kommission.
Bis Mitte 2025 sollen europaweit einheitliche Voraussetzungen zur Barrierefreiheit umgesetzt sein.
Ein ziemlich ehrgeiziges Ziel, wenn man bedenkt, dass der Ausbau der Digitalisierung gerade im ländlichen Raum nur schleppend vorangeht. Es müssen zuerst flächendeckend die technischen Voraussetzungen in Deutschland dafür geschaffen werden, damit Barrierefreiheit effektiv umgesetzt werden kann.
Meine Meinung ist:
Ohne die aktive Mithilfe der Politik und ein Umdenken in der Gesellschaft, aber auch die Bereitschaft von Menschen mit Behinderung sich aktiv in Entscheidungsprozesse einzubringen, wird eine nahezu barrierefreie Gesellschaft noch Jahrzehnte lang ein unerfüllter Traum bleiben und Deutschland noch viele Strafgelder wegen der Nichteinhaltung von Richtlinien zur Barrierefreiheit an die EU zahlen müssen.
von Thomas Müller