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„Arbeit für alle“ – unter diesem Titel veranstaltete der Münchener Behindertenbeirat im November vergangenen Jahres seine letzte Fachtagung. Arbeit und Behinderung sind ja in der Tat zwei Ausschnitte einer Lebenswirklichkeit, die einer Gesamtschau bedürfen: Betrachtet man sich die Arbeitslosenquote bei behinderten Menschen, so ist sie signifikant höher als bei nicht behinderten Menschen; in Phasen des Aufschwungs profitieren Behinderte am wenigsten von den allerorten vorgenommenen Neueinstellungen; in Zeiten des Abschwungs gehen hingegen die Arbeitslosenzahlen bei Behinderten ungleich schneller in die Höhe als bei der Gesamtbevölkerung. Damit einhergehend erlangt das Thema Armut bei Behinderten auch eine ganz andere, oft an die Substanz gehende Dimension, wie wir in unserer mit dieser Ausgabe beginnenden Reihe zum Thema „Armut bei Behinderung“ darstellen werden. Die Ursachen dieses Dilemmas sind vielfältig: Die Ausbildung bzw. Einarbeitung eines behinderten Menschen stellt oft besondere Herausforderungen an den Arbeitgeber, ein behinderter Mitar­beiter braucht häufig ein eigens auf ihn abgestimmtes Arbeitsumfeld (man denke etwa an eine blinde Lehrkraft und die beispielsweise für die Korrektur von Schülerarbeiten erforderlichen Hilfsmittel), und häufig wird gar der von Gesetzes wegen den Schwerbehinderten zugestandene besondere Kündigungsschutz als Hindernis einer häufigeren Beschäftigung Behinderter ins Feld geführt, denn – so einzelne Stimmen – wen man nur schwer wieder los werden kann, der wird oft gar nicht erst eingestellt.

Umso wichtiger sind Initiativen, die behinderte Arbeitnehmer auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt erfolgreich einsetzen. Davon möchten wir in diesem Artikel zwei vorstellen:

1.Der Verbund der Embrace Hotels

Ob das Stadthaushotel in Hamburg, das Witikohof Tagungs-, Freizeit- und Wellnesshaus in Bischofsreut nahe Passau, ob das Hotel Rügenblick in Stralsund oder das INNdependence in Mainz, wer immer einen Urlaub in einem der attrativen Feriengebiete Deutschlands ins Auge fasst, wird über kurz oder lang auch auf eine Niederlassung des Verbunds der Embrace Hotels stoßen: Die Standorte dieses Verbunds sind über die ganze Bundesrepublik verteilt. Und dabei handelt es sich um ganz besondere Hotels. Als integrative Hotelbetriebe beschäftigen diese nämlich mehr als 25 % schwerbehinderte Menschen und zeigen so ganz nebenbei, dass auch ein integrativer Betrieb profes­sionell und wettbewerbsfähig arbeiten kann. Aufgrund des für durchschnittliche Verhältnisse höheren Anteils an Schwerbehinderten haben es sich die Hotels dieses Verbunds aber auch zur Aufgabe gemacht, ein Ort der Begegnung zwischen Menschen mit und ohne Behinderung zu sein und oft aufgrund von Unkenntnis bestehende Berührungsängste zu überwinden. Es versteht sich fast von selbst, dass der derzeit viel bemühte Begriff der Barrierefreiheit in Hotels des Embrace Verbunds besonders ernst genommen wird: hier sind Menschen mit den unterschiedlichsten Arten von Behinderung nicht nur willkommen, sondern finden das jeweilige Haus auch auf die individuellen Bedürfnisse eingestellt.
Informieren Sie sich doch über Philosophie und Geschichte des Verbunds oder über die im Verbund zusammengeschlossenen Häuser unter www.embrace-hotels.de. Vielleicht ist ja Ihr nächstes Urlaubsziel schon dabei! Außerdem können Sie mehr über das dann größte integrative Hotel Europas, den geplanten großen Bruder des Stadthaus­hotels Hamburg in der neu entstehenden Hamburger Hafencity, unter www.stadt­haushotel-hafencity.de lesen sowie eine Videoführung durch das Stadthaushotel unter Video von Zeit online mitmachen.

2. Das Conviva im Blauen Haus

Als das Conviva vor einigen Jahren begann, landete dort überwiegend nur, wer das Lokal von Freunden empfohlen bekommen hatte oder in der Presse oder anderen einschlägigen Veröffentlichungen darauf gestoßen war. Rein zufällig verirrte man sich dagegen nur schwerlich hierher – in den nicht gerade zentral gelegenen Stadtteil Laim, in einer Gegend, die eher Wohngebiet, als Zielpunkt abendlicher Aktivitäten war. Und so musste sich so mancher Besucher oft zweimal vergewissern, ob die angegebene Adresse tat­sächlich korrekt war. Drinnen angekommen, beeindruckte das Lokal dann durch aufmerksamen und freundlichen Service sowie vortreffliche Küche, so dass sich so mancher fragen mochte, weshalb man sich einerseits gastronomisch im oberen Bereich bewegt, sich aber andererseits in gewissem Umfang fast schon konspirativ vermarktet. Diese Zeiten sind längst vorbei, denn das Conviva ist längst ins Zentrum von München gezogen, ins Blaue Haus in der Hildegardstraße, gleich hinter den Kammerspielen. Mittlerweile ist das Conviva daher nicht mehr nur Esstempel für wenige Eingeweihte, sondern auch Theaterkantine und kulinarischer Ausklang so manchen Theaterabends und bietet auch Catering für verschiedene Festivitäten an. Gleich geblieben ist aber das Konzept, wonach ca. 50 % der Mitarbeiter Menschen mit Lern-, geistiger oder psychischer Behinderung sind. Darüber hinaus bietet das Conviva für diese Zielgruppen die Möglichkeit ein Praktikum zu machen bzw. Qualifizierungsarbeitsplätze. Und so tritt auch dieses Projekt spielend den Beweis dafür an, dass klug durchdachte integrative Vorhaben auf dem allgemeinen Markt nicht nur bestehen, sondern auch Erfolg haben können.

Wolfgang Vogl