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Von Gibraltar bis Helgoland – Die Neueröffnung der Räume im Zweiten Obergeschoss der Sammlung Schack

foto der Treppe zu den RäumenObwohl die Schack-Galerie im zweiten Weltkrieg einigermaßen glimpflich davongekommen ist und 1950 sogar als erstes Museum Münchens wieder fürs Publikum geöffnet wurde, waren die Räumlichkeiten lange Jahre nur eingeschränkt zugänglich: Seit Mitte der sechziger Jahre bis zum Umzug der Bayerischen Regierung in die Staatskanzlei am Hofgarten 1993 tagte das bayerische Kabinett im Kopiensaal der Schack-Galerie und 1978 sollte die Schack-Galerie sogar gänzlich geschlossen werden. Das konnte glücklicherweise verhindert werden. Dementsprechend  verlief eine Renovierung und Wiederherstellung der ursprünglichen Räume aber nur schleppend und in Etappen. So wurde 2008 die Renovierung der Räume im Erdgeschoss abgeschlossen und 2009 die des ersten Obergeschosses mit dem berühmten Kopiensaal. Ende April 2016 konnten nun auch drei Räume im zweiten Obergeschoss wiedereröffnet werden.

Wer sich mit der Sammlung Schack beschäftigt und womöglich das Museum schon einmal besucht hat, wird wissen, dass sich die Sammlung auf Maler des 19. Jahrhunderts beschränkt, denn Graf Schack sammelte damals ausschließlich zeitgenössische Kunst. Und so konnten wir bisher auf zwei Etagen Werke von Carl Spitzweg, Moritz von Schwind und  Arnold Böcklin bewundern. Ein besonderes Highlight ist dabei der 2009 neu eingerichtete Kopiensaal mit unter anderem von Franz von Lenbach gefertigten Kopien venezianischer  Meister aus dem 16. Jahrhundert.

Diese bereits beeindruckende Sammlung wird nun durch drei im zweiten Obergeschoss gelegene Säle komplettiert. Im Gegensatz zu den in kräftigen Farben gehaltenen unteren Etagen sind diese in einem zurückhaltenden Grauton und wirken geradezu lichtdurchflutet, da sie über Oberlicht verfügen. Inhaltlich konzentrieren sich diese Räume auf Landschaftsmalerei. Neben den so häufig zu sehenden Italien-Bildern kann man hier jetzt auch atemberaubende Ansichten Spaniens und Bilder des Nordens bestaunen.

Diese Säle waren seit mehr als zehn Jahren nicht mehr der Öffentlichkeit zugänglich, unter anderem wegen verschärfter Brandschutzvorschriften. Dementsprechend waren jetzt umfangreiche Baumaßnahmen erforderlich – so wurde eine Außentreppe als zweiter Fluchtweg eingebaut. Daneben erfolgte eine energetische Sanierung des Daches. Bauliche Eingriffe sind natürlich auch immer eine ideale Gelegenheit, eine Zugänglichkeit des Gebäudes her- oder sicherzustellen und eine barrierefreie Nutzbarkeit zu gewährleisten. In vergleichbaren Fällen, wie beispielsweise in der neu eröffneten Barock- und Rokoko-Abteilung des Bayerischen Nationalmuseums, ist dies sehr gut umgesetzt worden. Wir haben diesem Gesichtspunkt daher unsere besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Ein Blick auf die Homepage der Sammlung Schack verheißt jedoch nichts Gutes:

„Leider ist das historische Gebäude nicht barrierefrei zugänglich. Es befinden sich sowohl Stufen zum Eingang und als auch zum Obergeschoss. Zum Obergeschoss gibt es leider keinen Aufzug. Wir bitten Sie, dies zu entschuldigen.“

Ein Besuch der Sammlung Schack scheint diese Beschreibung zunächst zu bestätigen. Der einzige Eingang ins Gebäude weist tatsächlich einige Stufen auf und  im Inneren des Gebäudes sucht man Aufzüge  vergebens. Ins erste Obergeschoss führt immerhin noch ein beidseitiger Handlauf, bei der Treppe ins zweite Obergeschoss hat man sich auch diesen „Aufwand“ gespart und auf einen Handlauf an nur einer Seite beschränkt.

Ohne hier in planerische Details gehen zu wollen, ist der jetzige Zustand aber unbefriedigend und inakzeptabel. Das Anbringen eines zweiten Handlaufs sowie das Vorhalten einer festen oder mobilen Rampe von der Straße ins Erdgeschoss sind weder unpraktikabel noch unverhältnismäßig kostspielig. Auch andere Museen, wie beispielsweise der Lokschuppen Rosenheim, verfügen über am Handlauf montierte Aufzüge, die eine Beförderung zwischen unterschiedlichen Ebenen ermöglichen.

Statt sich hinter dem Feigenblatt der historischen Bausubstanz zu verstecken, die angeblich eine Herstellung der Barrierefreiheit nicht zuließe, hätten sich die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, zu denen die Sammlung Schack gehört, und letztlich das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst an eine Regierungserklärung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer vom 12. November 2013 erinnern sollen. Darin  hat dieser nämlich geäußert:  „ … Bayern wird in zehn Jahren komplett barrierefrei – im gesamten öffentlichen Raum, … Dazu werden wir ein Sonderinvestitionsprogramm „Bayern barrierefrei 2023“ auflegen.“

Was bedeutet aber Barrierefreiheit anderes als die Beseitigung von Barrieren?

Doch anstatt bestehende Barrieren abzubauen und eine Zugänglichkeit zu erleichtern, werden hier ernsthaft neue Hindernisse geschaffen.

Und dies scheint sich nicht nur auf die derzeit in den neu eröffneten Räumen gezeigten Werke zu beschränken.  So schreibt die Internetseite für Kultur- und Kunsttipps aus München, maimunia.com:  „Die neuen Räume sollen zudem künftig für kleinere Sonderausstellungen genutzt werden, deren Themen in einem Bezug zur Sammlung stehen. So ist zum Beispiel auch daran gedacht, Fotografien aus der jüngst durch den Pinakotheks-Verein und seine Partner erworbenen umfangreichen Sammlung italienischer Fotografien des 19.Jahrhunderts hier zu zeigen.“

Heißt das, dass zukünftig Ausstellungen von Rollstuhlfahrern gar nicht und von Gehbehinderten nur unter Inkaufnahme eines gefährlichen Auf- oder Abstiegs zu sehen sein werden?

Die Eröffnung des zweiten Obergeschosses in der Sammlung Schack – ein Ärgernis!

Wolfgang Vogl