Lesetipp für den Urlaub
Brauchen Sie noch einen heiteren, streckenweise recht komischen und trotzdem nicht seichten Roman für Ihr Urlaubsgepäck?
Wie wäre es mit „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ von Jonas Jonasson? Dieser schwedische Journalist und Buchautor hat seinen Erstling "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" allein in Deutschland weit über zwei Millionen Mal verkauft.
In seinem neuen Roman ist die Hauptfigur Nombeko, ein schwarzes Mädchen aus den Slums von Soweto in Südafrika. Sie ist zu Apartheid-Zeiten geboren und aufgewachsen, hat nie eine Schule besucht, ist aber mit einem genialen Re-chentalent gesegnet. Nombeko ist mit 14 Jahren Chefin einer Latrinenverwaltung, wird wegen Aufsässigkeit rausgeschmis-sen und schließlich (mit "gefundenen" Rohdiamanten im Jackenfutter) von einem betrunkenen Ingenieur angefahren. Aber nicht er, sondern sie als Schwarze ist nach damaligem Rechtsverständnis schuld an dem Unfall, so dass sie ihm zur Strafe jahrelang als Putzfrau dienen muss. Dieser geistig ziemlich unterbelichtete Alkoholiker ist Mitarbeiter des südafrikanischen Atomwaffenprogramms. Nombeko arbeitet sich in seinem Haus schnell in die Atomphysik ein, wird so etwas wie wissenschaftliche Hilfskraft des Ingenieurs und bewahrt ihn – anonym im Hintergrund agierend – vor so mancher wissenschaftlichen Blamage. (Nicht nur) Mossad-Agenten bzw. Israel sind an dem südafrikanischen Atomwaffenprogramm sehr interessiert. Ebenfalls im Haushalt des Ingenieurs sind drei chinesische Schwestern beschäftigt, die Kunst fälschen und Hunde vergiften und mit denen sich Nombeko anfreundet. Schließlich finden sich die jungen Frauen mit einer Atombombe im Gepäck, die eigentlich nach Israel geschickt werden sollte, in Schweden wieder…
Mehr sei hier nicht verraten. Es lässt sich denken, dass in Schweden die skurrilen Abenteuer weiter gehen und die schlitzohrige Nombeko die Weltpolitik ziemlich durcheinander bringt. Sogar der leibhaftige schwedische König findet sich an der Seite Nombekos wieder...
Zeitlich erstreckt sich dieser Schelmenroman von den Siebzigern bis zum Jahr 2009 - vor dem Hintergrund durchaus realen Zeitgeschehens. Vielleicht ist es kein Zufall, dass Jonas Jonasson ein Landsmann von Astrid Lindgren ist. Denn die blitzgescheite, starke und liebenswerte Nombeko erinnert oft an Pippi Langstrumpf.
Eine Urlaubslektüre also, bei der man viel schmunzeln muss. Allerdings, so fand ich, in der zweiten Hälfte doch ziemlich langatmig. Weniger wäre hier mal wieder mehr gewesen.
Jonas Jonasson: Die Analphabetin, die rechnen konnte. Übersetzung: Wibke Kuhn. carl`s books 2013. 19.99€, auch als E-Book erhältlich. In den Münchner Stadtbibliotheken vorhanden.
Christiane Hauck