Veranstaltung des Behindertenbeirats mit dem Klinikum Großhadern im November 2013 - einige Gedanken und Nachlese
„Auf dem Weg zu einem Leben mit einem besonderen Kind“ hieß der Titel dieser Diskussion im Rahmen der vom Behindertenbeirat letzten Herbst auf die Beine gestellten Veranstaltungsreihe „Behindert. Besonders. Anders. Zwischen Ausgrenzung und Inklusion.“.
Auf dem Podium Dr. Hübener (Pränataldiagnostiker), Prof. Schulze (Neonatologe), Dr. Hilgendorff, Nachsorge für Kinder mit Behinderungen und deren Eltern im Dr. v. Haunerschen - Kinderspital sowie eine Mutter mit einem extremen Frühchen, eine Mutter mit einem Kind mit Trisomie 21 (Down-Syndrom), ein Elternpaar mit einem Kind mit genetischen Abweichungen und Trisomie 21, der Behindertenbeauftragte der Stadt München Oswald Utz, der auch Vater einer einjährigen Tochter ist.
Die Veranstaltung war gut besucht, allerdings weniger von denen, deren Besuch man sich insbesondere erhofft hatte: Werdende Eltern, die gerade überlegen, ob sie sich einer Pränataldiagnostik unterziehen sollen oder sich mit deren Ergebnissen auseinandersetzen müssen.
Die Beiträge der Ärzte des Klinikums zeigten, dass es dort ein großes Verständnis für die Situation der Eltern und auch große Fortschritte gibt, z.B. bei der Neonatologie, der es gelingt, immer jüngere Frühchen immer besser durchzubringen. Hier wird niemand zur Abtreibung gedrängt, im Gegenteil, man versucht, die Eltern bei ihrer Entscheidung zu unterstützen. Sehr positiv ist auch die Nachsorge und Begleitung von Eltern mit behinderten Kindern, die nicht nur eine medizinische ist, sondern auch eine soziale Beratung und Vermittlung von Hilfen umfasst. Trotzdem berichten die Eltern, welch eine Achterbahnfahrt der Gefühle sie nach der Pränataldiagnostik erlebt haben, zumal die Ergebnisse manchmal nicht eindeutig sind. Zwei Mütter erzählen, dass sie sich nach der Geburt richtig befreit fühlten und erst dann in der Lage, sich dem Leben mit einem besonderen Kind zu stellen.
Auf die Frage, ob es da nicht besser wäre, auf Pränataldiagnostik ganz zu verzichten, antwortet Professor Schulze:“ Sie glauben nicht, was sich früher auf den Entbindungsstationen für Dramen abgespielt haben, wenn Eltern ohne jede Vorbereitung ein Kind mit Behinderung bekamen.“ Oswald Utz zeigt auf, mit welchen Schwierigkeiten Kinder mit Behinderung und deren Eltern immer noch konfrontiert sind: Kein Platz im Regelkindergarten, keinen in der Sprengelschule, Kampf um Schulbegleitung. Das Ganze zieht sich bis ins Erwachsenenalter, wo dann sehr häufig keine Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Viele müssen von Grundsicherung leben. Insgesamt herrscht eine positive Stimmung, wie gut es ist, mit diesen besonderen Kindern zu leben. Das Elternpaar betont, dass für sie auch aufgrund ihres Glaubens gar keine Alternative bestanden hätte, als das Kind zu akzeptieren. Ich sehe mir die netten jungen Eltern an und denke: Ja, mit euch hat ein Kind mit Behinderung auch Glück gehabt, denn ihr werdet in der Lage sein, all die Steine aus dem Weg zu räumen, die auf euch warten. Aber es wird auch euch Kraft kosten. Partnerschaften von Eltern mit behinderten Kindern sind bekanntlich fragil. Leider haben nicht alle Kinder dieses Glück.
Carola Walla