Die für die Beförderung von Behinderten von und zum Flugzeug eingesetzten Wagen des Medizinischen Dienstes am Münchener Flughafen tragen die Aufschrift "Mobilität nonstop", und man möchte meinen, dass dies umso mehr im Stadtverkehr gelten müsste, dass also das Benutzen Öffentlicher Verkehrsmittel nicht an einer Behinderung und der dadurch bedingten eingeschränkten Mobilität scheitert.
Dem ist leider längst nicht so, wie der nachfolgend abgedruckte Briefwechsel zwischen einer Rollstuhlfahrerin und der Bahn zeigt, den wir mit einer Stellungnahme von Frau Walla vom Facharbeitskreis Barrierefreiheit des Behindertenbeirats abrunden möchten. Unversehens wird die Angelegenheit auch zu einem Lehrstück über den Umgang mit Behinderten und die verantwortlichen Stellen werden sich insoweit durchaus auf weitere Fragen einstellen müssen. Haben auch Sie ähnliche Erfahrungen machen müssen? Dann schreiben Sie uns ans CBF-Büro oder an die Barriere-Seite!

Hier also zunächst der Brief von Frau Brich:
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Frau Elchner
Montag, 5. Mai 2008,
Betreff: Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Frau Elchner - Service-Point Münchner Hauptbahnhof

Sehr geehrte Damen und Herren,
zu meiner Beschwerde eine kurze Vorinformation.
Ich bin schwerbehindert und auf den Rollstuhl angewiesen. Ich wohne in München-Pasing. Der Pasinger Bahnhof ist für Rollstuhlfahrer nur mit Servicekräften der Bahn über den Aufzug zugängig. Diese sind bis 22:30 Uhr vor Ort verfügbar. Deshalb gibt es eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitskreis Behinderte und Mobilität (CBF) und der Bahn, dass bei späterer Nutzung Personal vom Sicherheitsdienst Hauptbahnhof München nach Pasing kommt und die Beförderung mit dem Aufzug gewährleistet.

Zum Beschwerdefall:
Am 23.04.08 fuhr ich nachmittags zu einem Arbeitstreffen von Pasing in die Innenstadt. Ich informierte mich beim Servicepersonal in Pasing ob ich auch später den Servicedienst in Anspruch nehmen kann und erhielt die Telefonnummer des Service-Points. Ein genaues Ende der Veranstaltung konnte ich nicht angeben, aber es wurde mir bestätigt, dass ich auch später (nach 22:30 Uhr) den Liftservice anfordern kann.
Um 23:10 Uhr rief mein Assistent den Service-Point von Milbertshofen aus an, so dass wir gegen 24:00 Uhr gleichzeitig in Pasing ankommen könnten. Eine Dame, die erst später sehr ungern ihren Namen preisgab, wies ihn unwirsch ab, wir hätten uns nicht angemeldet und sie könnte nichts tun! Es wäre unser Problem wie wir nach Hause kommen. Er wies sie noch auf den Sicherheitsdienst hin und dass diese Vorgehensweise für den S-Bahnverkehr in Pasing üblich wäre. Ich war in der Zwischenzeit schon im U-Bahn-Schacht, verpasste meine U-Bahn, weil ich nun selbst mit Frau Elchner telefonieren wollte und ich im U-Bahntunnel kein Handynetzempfang hatte.
Frau Elchner sagte mir sie sei nicht zuständig und erst nachdem ich ihr mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gedroht hatte und ihr die Pasinger Verfahrensweise erklärte, sagte sie, dass sie sich noch einmal darum kümmern wolle und ich solle mich in 10 Minuten noch einmal melden! Ich fuhr zum Hauptbahnhof München und meldete mich wieder. Frau Elchner teilte mir mit, dass sie nichts machen könne und es mein Problem wäre, wie ich nach Hause komme! Inzwischen war ich etwas erbost, da sie mir sagte, dass sie in 5 Minuten geht! Jetzt wollte ich wissen wo sie sich befindet, ich raste zum Service-Point um sie noch persönlich zu erreichen. Ich traf sie noch an und sie war am Telefonieren. Sie hatte jetzt den Sicherheitsdienst angerufen, die dann natürlich nach Pasing kamen. Der Sicherheitsdienst war äußerst erstaunt und bestätigte mir, dass es auch nach 22:30 Uhr kein Problem sei in Pasing den Aufzugservice in Anspruch zu nehmen.
Ich bin über das unfreundliche und inkompetente Verhalten von Frau Elchner sehr verärgert! Ich bitte darum, das Servicepersonal am Service-Point des Münchner Hauptbahnhofs über diese Vereinbarung bzgl. des Aufzugservices in Pasing aufzuklären, damit solche Situationen und der damit verbundene Ärger in Zukunft erspart bleiben!

Mit freundlichen Grüßen,
Karin Brich



Antwort der Deutschen Bahn

Sehr geehrte Frau Brich, wir danken für Ihre Schilderung, die uns zur weiteren Beantwortung durch die DB Regio AG übermitttelt wurde und bedauern außerordentlich, dass Sie Anlass zur Kritik über unseren Service und insbesondere über eine Mitarbeiterin unseres Unternehmens hatten. Gerne nehmen wir wie folgt Stellung. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass sich die von Ihnen genannte Vereinbarung zwischen dem CeBeF und der Deutschen Bahn hinsichtlich eines Mobilitätsservice in München Pasing nach 22:30 Uhr unserer Kenntnis entzieht. Selbstverständlich bieten wir diesen Service während der Anwesenheit unserer Serviceteams bis 22:30 Uhr gerne an und verpflichten uns hier auch ein Stück weit. Allerdings lässt sich daraus kein genereller Anspruch außerhalb der Besetzungszeiten des Servicepersonals ableiten. Die vorgenannte Verpflichtung stellt sich in Form der durch Vorplanung geschaffenen Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit der MobilitätsServiceZentrale (MSZ) und deren Bestätigung dar, deren Internetauftritt wir diesem Schreiben gerne auszugsweise anhängen (Zu finden unter: www.bahn.de/handicap). Um Unstimmigkeiten künftig zu vermeiden, legen wir Ihnen diese Vorgehensweise ans Herz. Ungeachtet dessen sehen wir uns zu kundenorientiertem Verhalten veranlasst und versuchen, bei kurzfristigeren direkten Anfragen nach einem Mobilitätsservice über den Kontakt mit unserer 3-S-Zentrale (Service, Sicherheit, Sauberkeit) unter der Rufnummer (089) 13 08 10 55 diese im Rahmen der jeweiligen personellen Möglichkeiten zu erfüllen. Wir betonen hier ausdrücklich „im Rahmen der personellen Möglichkeiten“, die im Einzelfall der Entscheidung der 3-S-Zentrale obliegt, da hier eine Koordination gefragt ist, die kein Servicemitarbeiter vollständig überblicken kann. Die von Ihnen geschilderte Begebenheit zum Verhalten der Mitarbeiterin werden wir intern klären und diese gegebenenfalls mit Nachdruck zu kundenorientiertem Verhalten anleiten, weshalb wir uns abschließend bei Ihnen für die entstandenen Unannehmlichkeiten in aller Form entschuldigen.

Mit freundlichen Grüßen
i.A. Klaus Winkler
DB Station&Service AG … (nähere Angaben zur Dienststelle)

Stellungnahme des CBF München
Die Bahn hält seit Anfang 2007 wieder Personal am Bahnhof Pasing bereit. Der insoweit zuständige Betriebsteil der Bahn, Station und Service, hat deshalb sowohl dem Behindertenbeirat München, dem Städtischen Beraterkreis für barrierefreies Planen und Bauen und dem CBF versichert, dass von morgens 6 Uhr bis 24 Uhr Spontanfahrten für Mobilitätsbehinderte mit Ausgangs-, Umsteige- oder Zielpunkt in Pasing möglich sind, wo die völlig maroden Aufzüge nur mit Personal benutzt werden können.
Nach dem Wortlaut des Schreibens der Bahn scheint diese Regelung jetzt wieder beschnitten zu werden. Da aber der Umbau des Bahnhofs Pasing erst 2011 vollständig (d.h. mit den Fernbahngleisen) abgeschlossen sein soll, sind wir jedoch sehr daran interessiert, dass weiterhin zumindest von 6 bis 24 Uhr Hilfe zur Verfügung steht.

Wünschenswert wäre jedoch, dass diese Möglichkeit während des gesamten Fahrbetriebs bestünde, da grundsätzlich nicht einzusehen ist, dass in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen zu bestimmten Zeiten kein Anrecht darauf haben sollen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Carola Walla