- Wenig Geld für gute Arbeit oder ein Fehler im System?
Seit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes im Jahr 2018 wurde auch der Steigerungsbetrag des Entgeltes in Werkstätten von Menschen mit Behinderungen jährlich schrittweise um wenige Euro erhöht. Allerdings ist es bei einem durchschnittlichen monatlichen Werkstattentgelt von ca. 250 Euro, für die meisten Werkstattmitarbeiter unmöglich ohne staatliche Unterstützung wie Grundsicherung oder Erwerbsminderungsrente auszukommen. Und obwohl die meisten fünf Tage in der Woche arbeiten, sind sie immer auf den „guten Willen“ Anderer angewiesen.
Wie kann die Entgelt-Situation in Werkstätten verbessert werden?
Eine mögliche Lösung dieses Problems könnte die Einführung eines sogenannten Basisgeldes darstellen, wie es von Werkstatträte Deutschland vorgeschlagen wird.
Der Vorschlag von Werkstatträte Deutschland sieht vor, dass Menschen, bei denen eine dauerhafte Erwerbsminderung besteht, ein Recht auf dieses Basisgeld haben. Alle Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt arbeiten, gehören laut Gesetz diesem Personenkreis.
Wie hoch wäre ein Basisgeld und welche Vorteile hat es für die Werkstattmitarbeiter mit Behinderung?
Ein Vorschlag aus dem Jahr 2019 (leider konnte ich keine aktuelleren Zahlen finden) geht von einem monatlichen Basisgeld-Betrag von 1.450 Euro aus. Dies würde bedeuten, dass die Werkstattmitarbeiter keine staatliche Grundsicherung mehr beantragen müssten und aus der staatlich vorbestimmten Armut (abgesehen von der Hilfeleistung zur Pflege) herauskommen würden. Dies entsprach 2019 ungefähr 70 % eines Durchschnittslohns auf dem 1. Arbeitsmarkt. Das Basisgeld wäre aus meiner Sicht ein guter Einstieg, um langfristig ein gerechtes Entlohnungssystem für Werkstattmitarbeiter mit Behinderungen zu erreichen. Allerdings müsste der Basisgeldbetrag jährlich erhöht oder entsprechend angepasst werden.
Behindertenhilfe raus aus der Sozialhilfe!
Meiner Meinung nach gehören die Leistungen zur Eingliederungshilfe sowie die restlichen Hilfen für Menschen mit Behinderungen nicht in den gleichen Topf wie die Sozialhilfe oder das Arbeitslosengeld II. Die Leistungen der Sozialhilfe werden aufgrund eines „vorübergehenden Zustandes“ gewährt, heißt es im Gesetzestext. Eine merkwürdige Interpretation für die Gelder der
Behindertenhilfe! Schließlich kann weder bei einer Behinderung seit Geburt noch bei einer erworbenen Behinderung von eine vorübergehenden Zustand ausgegangen werden. Wie man das mit einem Langzeitarbeitslosen gleichsetzen kann, der aus dem gleichen Topf finanziert wird, kann vermutlich nicht mal der Gesetzgeber selbst schlüssig beantworten. Man kann beides einfach nicht miteinander vergleichen!
Die meisten Werkstattmitarbeiter mit Behinderung gehen einer geregelten Arbeit nach und arbeiten 37,5 Stunden in der Woche, stehen jeden Tag morgens auf und haben anschließend einen strukturierten Tagesablauf. Das tun manche Sozialhilfe-Empfänger nicht und erhalten zum Teil die gleiche Unterstützung. Das ist ungerecht, denn jeder Mensch sollte sich im Rahmen seiner Möglichkeiten aktiv in die Gesellschaft einbringen und seinen Beitrag leisten. Das tun die Werkstattmitarbeiter. Trotzdem können Sie von ihrem Lohn nicht ohne staatliche Unterstützung zurechtkommen. Deshalb wäre ich dafür die Behindertenhilfe zu reformieren und aus einem eigenen Budget zu finanzieren. Damit das Basisgeld oder auch z. B. ein bedingungsloses Grundeinkommen nach Schweizer Vorbild eines Tages Realität werden kann, muss man allerdings auch die Akzeptanz dafür in der restlichen Bevölkerung schaffen. Das kann leider noch Jahre dauern.
Fazit: Erst wenn Mitarbeiter in Werkstätten von ihrem selbst erwirtschafteten Geld leben könnten, wäre es ein wirklicher Schritt zu echter Inklusion mit vergleichbaren Rahmenbedingungen für Alle!
Thomas Müller