Unser letzter Artikel zum Thema Sport befasst sich diesmal mit den Special Olympics – den Weltwettkämpfen der Menschen mit Lernschwierigkeiten. 1993 fanden sie erstmalig in Europa statt. Es handelte sich um die Winter-Games in Schladming. Wir haben das Glück mit Hans Biehler ein Clubmitglied zu haben, welches an diesen Spielen teilgenommen hat und zudem auch noch mit Gold und Silber ausgezeichnet wurde. Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen und ihn in seiner Wohnung in Penzberg zu seinen Erinnerungen interviewt. 



Peter: Wie wurdest Du damals 1993 auf die ersten Special Olympics in Europa aufmerksam?

Hans: Ich arbeitete damals in einer Behinderteneinrichtung der Herzogsägmühle bei Schongau. Dort wurden die Spiele ausgeschrieben und dafür geworben, sich zu beteiligen. Auf nationaler Ebene mussten wir uns zunächst qualifizieren. Angeboten wurden die Disziplinen Abfahrt, Slalom und klassischer Langlauf. 

Peter: Wie hast Du Dich damals auf die Wettbewerbe vorbereitet. Gab es finanzielle Hilfe oder sportliche Unterstützung durch Trainings?

Hans: Wir hatten weder finanzielle Unterstützung noch einen Trainer. Ich bekam für einige Zeit am Nachmittag frei in der Werkstätte. Mein Trainingsgelände war am Schneidberg / Ramsau, wo ich täglich eine ca. 5 Kilometer lange und gut gespurte Strecke gefahren bin.

Peter: Ich weiß, dass Du sehr sportlich bist. Hättest Du nicht gerne auch in einer anderen Disziplin teilgenommen. 

Hans: Es gab anfangs nur die Winterspiele. Sonst wäre ich auch gerne einmal beim Tischtennis angetreten. Da hätte ich dann auch sicher gewonnen. (Anmerkung des Interviewers: Da übertreibt Hans nicht. Ich habe selbst als einigermaßen passabler Spieler mehrmals erleben müssen, wie Hans auf Freizeiten alle an die Wand gespielt hat! Beim Reha-Sport hat er hier alle verfügbaren Pokale abgeräumt.)

Peter: Schildere uns doch kurz Deine Eindrücke von den tollen Tagen in Schladming.

Hans: Ende Februar 1993 fuhren wir für eine Woche nach Schladming. Das Kurioseste aber war: Am Anreisetag hatten wir keinen Schnee! Glücklicherweise schneite es am 2. und 3. Tag umso heftiger. Dies führte zu Problemen im Tiefschnee eine geeignete Spur anzulegen. Die Eröffnungsfeier fand im Planeistadion statt. 400 Teilnehmer aus der ganzen Welt nahmen teil.  Nach zwei Trainingstagen begannen die Wettbewerbe. Zuvor wurden die Teilnehmer in verschiedene Gruppen, entsprechend Ihrer Leistung aufgeteilt. Ich war in der Gruppe der acht stärksten Kandidaten. An zwei von drei Wettbewerben, der 1,5 und der 3 Kilometerstrecke habe ich teilgenommen. Den abschließenden Staffellauf am 6. Tag habe ich ausgelassen. Dieser endete dann mit der Abschlussfeier in Salzburg.

Zwischenfrage Peter: Wie wurdet Ihr denn auf den Wettbewerb vorbereitet und wie hast Du damals abgeschnitten?

Hans: Ein Unterstützer der Herzogsägmühle hat uns trainiert. Am Wettkampftag hat zu mir gesagt „Auf geht´s zum Österreicher jagen. Lass die anderen erst mal vorfahren und bleibe dicht hinter dem Führenden.“ Ich war zwar aufgeregt aber wusste um meine gute Form. Während des Rennens ist dann einer nach dem anderen auch einmal gestürzt und plötzlich war ich Erster. So habe ich auf der Strecke 1,5 KM Gold und auf der Strecke 3 KM Silber gewonnen! Leider gab es vor Ort kaum Berichterstattung durch die Medien. Von der Abschlussfeier gab es aber einen Bericht und wir Sieger waren sogar kurz mit dem Mitinitiator Arnold Schwarzenegger zu sehen.

Peter: Findest Du es richtig, dass es mit den Paralympics und den Special Olympics eigene Spiele für Menschen mit Behinderung gibt?

Hans: Ja das ist richtig. Die Leistungsschere wäre sonst zu Menschen ohne Behinderung zu groß. Die haben ja auch ganz andere Möglichkeiten.

Peter: Aber widerspricht das nicht dem Gedanken der Inklusion?

Hans: Nein. Im Mittelpunkt steht die Akzeptanz der Betroffenen. Bei einer Ehrung in der Residenz in München waren dann alle Sportler aus einem Jahr, behindert oder unbehindert, eingeladen und wurden geehrt. Schön wäre allerdings, wenn die Special Olympics alle vier Jahre zum selben Termin wie die allgemeinen Veranstaltungen stattfinden würden. So wie die Paralympics. Dann bekämen sie auch mehr Interesse durch die Medien. 

Peter: 2023, 30 Jahre nach den ersten Spielen findet die Veranstaltung in Berlin statt. Zuvor werden die Teilnehmer aus der ganzen Welt deutschlandweit zur Vorbereitung und Einstimmung auf die Spiele bei Gastfamilien in sogenannten „Host-Towns“ untergebracht. Wie findest Du das?

Hans: Das ist wirklich eine Superidee. So kann man sehen, wie Menschen in anderen Ländern leben und was sie machen. Das hat bei uns gefehlt.

Peter: Was wäre Dein Wunsch an die Sportler, die im nächsten Jahr teilnehmen?

Hans: Ich wünsche Ihnen, dass sie so akzeptiert werden, wie ich damals. Zudem wünsche ich Ihnen viel Glück und sportlichen Erfolg …  und, dass sie die Special Olympics genießen!

 

Peter Pabst