Bild: Pixabay

Liebe Mitglieder, liebe Freunde, 

Werkstätten für Menschen mit Behinderungen reformieren und nicht schließen! 

Seit geraumer Zeit wird von mehreren Aktivisten aus der Behindertenszene die sofortige Schließung von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen gefordert. 

In ihren Kommentaren ist immer wieder von Ausbeutung. Dumpinglöhnen und „Sklaverei“ die Rede. Ganz unbegründet sind diese Meinungen auch sicher nicht, schließlich entstand das Werkstätten System, so wie es heute besteht, bereits in den 60er und 70er Jahren. Sie waren ursprünglich als Schutzraum für die Menschen mit Behinderungen gedacht und weniger als sinnstiftende Arbeitsmöglichkeit.  

Gott sei Dank werden Werkstätten heute nicht mehr nur als Schutzraum für Menschen mit Behinderungen gesehen, sondern bieten ihren Mitarbeiter*innen eine sinnvolle Möglichkeit zur beruflichen Teilhabe, die sie ohne die Werkstatt vermutlich nicht bekommen würden.  

Dennoch die Zeiten haben sich geändert, also müssen auch die Werkstätten bereit sein, sich zu verändern. Zum Beispiel muss das Entgeltsystem in den kommenden Jahren komplett reformiert werden. Viele Menschen leisten täglich eine wertvolle Arbeit in der Werkstatt. Diese muss auch angemessen entlohnt werden 

Weshalb die sofortige Schließung von Werkstätten derzeit aus meiner Sicht der falsche Weg wäre: 

Eines vorweg: Wenn es eines Tages gelingt, Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt und ohne Sondersystem in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, könnte man wirklich über eine Abschaffung von Werkstätten nachdenken!  

Aber was passiert dann mit den Menschen mit Behinderungen, die zurzeit in einer Werkstatt arbeiten? Es ist sicher nicht gut, wenn diese dann ohne Beschäftigung zu Hause sitzen würden, wie dies in England nach Schließung der Werkstätten der Fall ist. Die meisten Menschen wollen sich einbringen und eine Möglichkeit bekommen sich selbst zu verwirklichen. Selbst wenn dies aufgrund der jeweiligen Einschränkung oder Situation nur in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen möglich ist!  

Von Seiten der Werkstätten wird versucht, immer mehr ausgelagerte Arbeitsplätze anzubieten. Dies bedeutet, dass die Werkstattmitarbeiter zwar außerhalb einer Werkstatt sind, aber offiziell noch Teil ihrer Werkstatt sind. Solche und ähnliche Möglichkeiten müssen zukünftig weiter ausgebaut werden 

Manche Menschen mit Behinderung benötigen das geschützte Umfeld einer Werkstatt, haben dort ihre sozialen Kontakte und fühlen sich dort wohl.  

Werkstattmitarbeiter mit höherem Pflegebedarf sind zudem oft auf Arbeitsassistenz angewiesen, um einen Job außerhalb einer Werkstatt gut ausüben zu können. Diese bekommen sie jedoch oft nicht, weil das zum einen viel Geld kostet und Betroffene zum anderen ja bereits in einer Einrichtung sind, wo die benötigte Hilfe erbracht wird, so die Augmente der Kostenträger. Aber nur wenn man die benötigte Hilfe tatsächlich überall bekommen und auch tatsächlich rechtlich verbindlich einfordern kann, können wir wirklich von gleichberechtigter beruflicher Teilhabe am Arbeitsleben sprechen.  

Ziel muss es sein, individuelle und personenzentrierte Arbeitslösungen zu finden. Jeder sollte ein Wahlrecht haben, ob er in einer Werkstatt arbeiten möchte oder lieber außerhalb auf dem 1. Arbeitsmarkt! 

Es liegt noch ein weiter Weg vor uns, wenn das Ziel, Werkstätten nicht mehr zu benötigen, tatsächlich irgendwann erreicht werden soll. Machen wir uns gemeinsam auf den Weg.  

In dieser Ausgabe beschäftigt sich die Clubpost mit folgenden Themen: 

Besuch eines Staatssekretärs beim cbf, Artikel zur Aktion „Die Rückkehr der Namen“, Artikel zum Thema Ableismus, Wanderung nach Farchant, Die Auflösung des letzten Rätsels und neues Rätsel im Mai und Gastro-Tipp: Café Isarlust  

Viel Spaß beim Lesen! 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Monat Mai. Bleiben Sie gesund!  

Es grüßt Sie Thomas Müller