Frohe Wehnachten und einen Guten Rutsch ins neue Jahr! Unser Büro ist vom 23.12. bis 6.1. geschlossen.

2018 haben wir uns in der Clubpost mehrmals mit dem Thema Arbeit und Behinderung beschäftigt. In der Märzausgabe eröffnete ein Artikel von Dr. Sagner die Serie mit einem Überblick auf die Thematik. Einen Erfahrungsbericht zur Bedeutung von Arbeit für Menschen mit Behinderung steuerte unser Mitglied Oscar Wolf im April bei. Wolfgang Vogl informierte über die Vergabe des vom Bayerischen Staatsministerium eingerichteten Inklusionspreises „Job-Erfolg“, mit dem Firmen ausgezeichnet werden, die bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeitsmarkt besonderes Engagement an den Tag legen. Auf die besonderen Herausforderungen der Beschäftigung von Menschen mit Psychischen Beeinträchtigungen wies der Vorsitzende des Facharbeitskreises Arbeit im Behindertenbeirat München, Axel Häberle hin. Sehr informativ dann auch der Artikel von Herrn Neuner vom Inklusionsamt Bayern zu den Möglichkeiten der barrierefreien Ausstattung am Arbeitsplatz.

Nur kurz angerissen wurde das seit 01.01.2018 eingeführte „Persönliche Budget für Arbeit“ in dem Artikel von Dr. Sagner. Dennoch klang deutlich die Hoffnung durch, die diesem neuen Instrumentarium beigemessen wird.  Eine Hoffnung die vor dem Hintergrund des  Artikels 27 der UN-BRK besondere Bedeutung erlangt. Der Artikel formuliert das  „Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderung zugänglichen Arbeitsmarkt frei gewählt oder angenommen wird“.  In Deutschland  stellen die Werkstätten für behinderte Menschen mit Ihren 270.000 Mitarbeitern nach wie vor einen bundesweit bedeutsamen Ort für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung dar – Tendenz seit Jahren ungebrochen steigend! Davon weisen 75 % der Arbeitenden eine sogenannte geistige Behinderung, etwa 20 % primär eine psychische Behinderung auf.  Nicht einmal  1 % von Ihnen gelingt der Übergang von der Werkstätte auf den 1. Arbeitsmarkt.  Da verwundert es nicht weiter, wenn sich der 1. Staatenbericht zur Umsetzung der UN-BRK besorgt äußert zum Umstand, „dass segregierende Behindertenwerkstätten weder auf den Übergang zum allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereiten noch diesen Übergang fördern“.

Ein an dieser Stelle geplanter Artikel  des Dienstleisters ACCESS aus Erlangen konnte wegen der noch nicht ausreichend vorliegenden Erkenntnisse zu diesem neuen Ansatz nicht realisiert werden. Eine entsprechende Rahmenvereinbarung zwischen den Leistungsträgern des Budgets für Arbeit in Bayern wurde zudem erst mit Wirkung vom 01.10.2018 erlassen. Das Budget für Arbeit fußt insbesondere auf den erfolgreich durchgeführten Erfahrungen von Modellprojekten in Rheinland-Pfalz und Hamburg. 

Die wesentlichen Merkmale dieses neuen Angebots lassen sich wie folgt zusammenfassen:  Anspruchsberechtigte sind ausschließlich Menschen mit Behinderung, die einen Anspruch auf Beschäftigung im Arbeitsbereich einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung haben und / oder dort tätig sind. Die Person muss also vorher zumindest eine berufliche Bildungsmaßnahme absolviert haben – die Inanspruchnahme direkt nach dem Besuch einer Förderschule wäre somit nicht möglich. Die Leistungen werden unabhängig von Einkommen und Vermögen gewährt! Weitere Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis tarifvertraglich oder ortsüblich entlohnt wird.  Die genehmigten Leistungen sind an die individuellen Bedürfnisse anzupassen. Sie werden dauerhaft, stufenweise abnehmend oder für einen begrenzten Zeitraum – längstens jedoch bis zum Erreichen der Regelaltersrente erbracht. Beratung, Anleitung und Begleitung wie auch der Zuschuss zu Lohnkosten sind förderfähig.  In Bayern können aufgrund der angehobenen monatlichen Obergrenze 1461,60 €, entsprechend maximal  75 % des Arbeitgeber-Bruttogehaltes, bezuschusst werden. Der Gesamtlohn beliefe sich folglich auf höchstens 1948,80 €. Beratung und Begleitung kann durch geschulte Fachkräfte, wie sie beispielsweise Integrationsfachdienste vorhalten, erbracht werden um Arbeitgebern und Kollegen unterstützend zur Seite zu stehen.  Arbeitsassistenz richtet sich an körper- und sinnesbehinderte Menschen, die bspw. auf eine regelmäßige Unterstützung bei Handreichungen angewiesen sind. Auch die Personelle Unterstützung durch Vorgesetzte und Kolleginnen / Kollegen kann gefördert werden, etwa wenn sich Arbeitsabläufe verändern oder wiederholt neu erklärt werden müssen. Mittels „Job-Coaching“ werden zudem Menschen mit Behinderung am eigenen Arbeitsplatz für ihre Tätigkeit qualifiziert, indem die Arbeitsabläufe mit ihnen eingeübt werden. Sofern gewünscht und auch zumutbar kann die Assistenz am Arbeitsplatz auch für mehrere Betroffene gemeinsam erbracht werden – man spricht in diesem Fall vom „Poolen“  von Leistungen.

Kritisch gesehen wird, dass die gegenwärtigen Regelungen nicht auch ein Budget für Ausbildung umfassen, sowie der Fakt, dass die Versicherung  in der Arbeitslosenversicherung nicht vorgesehen ist, was mit dem Anspruch begründet wird, in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung zurück zu kehren oder dort erstmalig aufgenommen zu werden.

Abschließend möchten wir eine kurze Einschätzung vom Geschäftsführer des Dienstleisters ACCESS Erlangen, Herrn Karl-Heinz Miederer, welches er uns in einem kurzen telefonischen Interview übermittelte, wiedergeben. Wir fragten ihn …

… konnten die mit dem „Persönlichen Budget für Arbeit“ verknüpften Erwartungen erfüllt werden?

„Das persönliche Budget für Arbeit ist 2018 noch keine Erfolgsstory. Nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten in der Bewilligung durch Behörden setzt es sich nun allerdings doch zunehmend durch. ACCESS begleitet mittlerweile die ersten Personen erfolgreich im Rahmen des Persönlichen Budgets. Insgesamt ist es jedoch bisher hinter den Erwartungen zurück geblieben, die damit geweckt wurden.“

… was bräuchte es, um Chance und echte Alternative zur Werkstattbeschäftigung zu sein?

„Um ‚das Neue‘ in die Welt zu bringen wäre Begeisterung wünschenswert. Begeisterung für die Umsetzung dieses neuen Potentials, welches für mehr Inklusion von Menschen mit Behinderung sorgen würde. Die Praxis zeigt, dass es erfolgreich umgesetzt werden kann. Für die Umsetzung sind die Entwicklung entsprechender Dienstleistungen zur Begleitung der Arbeitsverhältnisse erforderlich, sowie eine unterstützende Förderung seitens der bewilligenden Behörden. Das Budget für Arbeit ist jedenfalls ein hilfreicher Ansatz für die Zukunft.“



Peter Pabst