… Es gibt sie nicht!
Das ist eine ketzerische Meinung von jemandem, der Barrierefreiheit anstrebt. Aber seien wir ehrlich. Es ist doch im Internet wie im richtigen Leben. Ein Gebäude mag stufenlos und mit Automatiktüren ausgestattet sein. Herrlich! Barrierefrei! Sagen Rollstuhlfahrer. Aber was sagt jemand, der taub ist, wenn der Zugang über eine Sprechanlage geregelt ist? Was macht die Blinde, wenn sie in eine Halle kommt und keine Orientierungslinie findet?
Dieses Jahr habe ich in Königstein auf der jährlich stattfindenden Konferenz JoomlaDays einen Vortrag über Barrierefreiheit im Web gehalten. Ich habe dort (nicht zum ersten Mal) versucht, den Teilnehmern der Tagung ein Gespür dafür zu vermitteln, wo sich auf Webseiten Barrieren verstecken. Und immer wieder sehe ich die „Aha“ – Erlebnisse. Denn jedermann und jedefrau (außer im Umfeld der Behindertenarbeit) sieht nur sich und sein eigenes Umfeld. Selbst wenn der Bruder gelähmt im Rollstuhl sitzt – denkt man dann an Farbenblinde oder Legastheniker? Nur wer sich mal die Maushand gebrochen hat, weiß, wie schwierig es schon sein kann, einen winzig kleinen Button anzuklicken. Oder gleichzeitig [strg] zu drücken und mit dem Mausrad zu scrollen. Webdesigner klicken und scrollen so selbstverständlich wie sie atmen, Designer haben gute Augen und finden hellgraue Schrift auf weißem Grund unsagbar elegant. Da kann man nicht oft genug auf die verschiedenen Bedürfnisse verschiedener Menschen hinweisen.
Unsere Homepage www.cbf-muenchen.de ist mit Joomla! „gebaut“, einem so genannten Content Management System (CMS). Die Autorin (hat witzigerweise dieselben Initialen „CMS“ …- nomen est omen) ist nun Mitglied im Joomla Accessibility Team und trägt dazu bei, Joomla! in künftigen Versionen nach den Regeln der Kunst barrierefrei zu machen.
Nur: Manches ist Theorie und geht an unserer primären Zielgruppe vorbei! Die Richtlinien sagen zum Beispiel ganz genau, was zu programmieren ist, damit ein einfacher Button für Blinde barrierefrei ist. Was die Richtlinien nicht beachten, ist die Größe des Buttons. Und wie sollte man schon definieren, was ausreichend groß ist? Blinden kann es egal sein, sie klicken, wenn der ScreenReader sagt: Link. Tastaturnutzern kann es egal sein – sie klicken, wenn der Fokus auf dem Button ist, egal, wie klein oder groß der gestaltet ist. Mausbenutzern ist es aber nicht egal. Einen Button zu treffen, der ein winziger Funzel ist, ist eine Sache, die man nicht mal „Normalos“ zumuten darf, aber bestimmt nicht jemandem mit schmerzenden Gelenken oder Spastiken.
Wir bemühen uns darum, unsere Homepage für möglichst viele Leuten zugänglich zu machen. Hundert Prozent werden wir wohl nicht erreichen. Und hier gilt mein Satz von oben. Unsere Seite ist für unsere Mitglieder gemacht und hat große Buttons oder anklickbare Bilder und eine relativ große Schrift. Wir verwenden keine Elemente, die sich bewegen, wir haben starke und gute Farbkontraste – eigentlich müsste alles perfekt sein. Nur – wir wissen es nicht. Wie ich schon sagte – wir sehen nur, was wir wissen. Also sollte jede und jeder uns darauf aufmerksam machen, wenn etwas fehlt oder falsch ist. Eine E-Mail an das Club-Büro ist ja schnell geschrieben, und wenn wir etwas beheben können dann machen wir das. Gemeldete Probleme sind gleichzeitig Verbesserungsvorschläge. Manches kann man nicht realisieren. Wir haben zum Beispiel kein Geld, um die Beiträge hier in einfacher Sprache oder als Gebärdenvideos anzubieten. Aber wenn wir etwas tun können, machen wir das gerne! Konstruktive Kritik ist immer erwünscht – es muss nicht immer nach dem Motto „nicht gemeckert ist genug gelobt!“ gehen.
Christiane Maier-Stadtherr
P.S. Der Vortrag ist hier zu finden.
Was haben Barrierefreiheit im Internet und der Osterhase gemeinsam?
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