zur Ausstellung August Macke & Franz Marc im Kunstbau des Lenbachhauses
Anfang 1910, als August Macke in der Münchner Galerie Brakl in der Goethestraße eine Pferdelithographie Franz Marcs sah, war er so beeindruckt, dass er den Galeristen nach der Adresse des Künstlers fragte und Franz Marc dann in der Schellingstraße aufsuchte, um ihn „dringend“ an seinen damaligen Wohnort in Tegernsee einzuladen.
Im September 1914, als August Macke nur 27jährig in der Champagne fiel, schickte Franz Marc eine zu Lebzeiten Mackes von ihm gemalte Karte an dessen Witwe Elisabeth mit den Worten, dass er ihr diese in glücklicheren Tagen entstandene Karte zukommen lassen wolle.
Zwischen diesen beiden Ereignissen liegen nicht einmal fünf Jahre und doch können wir eine einzigartige und fruchtbare Künstlerfreundschaft beobachten, die seit letztem Jahr in einer gemeinsamen Ausstellung des Kunstmuseums Bonn und des Lenbachhauses München thematisiert wird und nun bis 3. Mai in München Station macht.
Auf den ersten Blick drängte sich diese Freundschaft nicht geradezu auf: Während der Rheinländer Macke sich durch Impulsivität, manchmal in ihrer Direktheit fast schon schroffe Urteile und Spontaneität auszeichnete, war Marc eher reflektiert und wollte nach dem Studium auch zunächst Altphilologie und Theologie studieren und spielte sogar mit dem Gedanken, einen geistlichen Beruf zu ergreifen. Mackes Frau Elisabeth erweist sich auf Fotos als eine dunkelhaarige und zartgliedrige Erscheinung, Maria Marc hingegen ist ein etwas robusterer Typ, mit festem blondem Haar. Mackes Werk schließlich bleibt figürlich und man kann nur spekulieren, ob er in seiner späteren Schaffensphase ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit geworden wäre, Marcs Werk jedoch wird mehr und mehr abstrakt. Beide Künstler behielten auch während ihrer Freundschaft ihre Eigenständigkeit, machten sich auf die Suche nach neuen Farben, neuen Motiven, neuen Ufern … So gab Franz Marc zusammen mit Wassily Kandinsky Mitte Mai 1912 den Almanach des Blauen Reiter heraus und organisierte mit ihm zwei Ausstellungen. Und August Macke brach zusammen mit Paul Klee und Louis Moilliet im April 1914 zu einer Tunisreise auf, die tiefe Spuren in seinem Werk hinterlassen sollte.
Trotz aller Unterschiede und trotz der jeweils selbstständigen und mitunter in andere Richtungen verlaufenden Entwicklung verstanden sich diese beiden Ausnahmekünstler jedoch prächtig und auch ihre Frauen harmonierten hervorragend miteinander und so wächst in der kurzen Zeit von ihrem Kennenlernen bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs eine außerordentlich fruchtbare Freundschaft. In der Ausstellung lässt sich gut verfolgen, wie beide Künstler von der französischen Malerei, von Stilrichtungen wie dem Kubismus oder dem Fauvismus inspiriert werden und darauf mal ähnliche, mal ganz unterschiedliche Antworten finden. Und neben den Ergebnissen eines immerwährenden Suchens begegnen wir vielen Zeugnissen dieser besonderen Freundschaft, etwa wenn Franz Marc zum Geburtstag von August Mackes ältesten Sohn ein Bild malt oder nach dessen Tod einen ergreifenden Nachruf verfasst. Ein besonderer Höhepunkt ist schließlich ein gemeinsames Werk: das im damaligen Atelier- und Wohnhaus August Mackes entstandene, monumentale 4 mal 2 Meter große Wandbild, das in einer Reproduktion ebenfalls im Kunstbau zu bewundern ist.
Beide starben viel zu früh im Ersten Weltkrieg – August Macke mit 27 und Franz Marc mit 36 – und man kann nur vermuten, wie sich beide weiterentwickelt, welche grandiosen Werke sie noch geschaffen hätten.
In der großartig kuratierten Ausstellung sind etwa 200 Gemälde, Arbeiten auf Papier und private Dokumente zu bestaunen und die ausführlichen Lebensläufe der beiden Künstler sowie eine dazugehörige Fotodokumentation laden dazu ein, sich eingehender mit dieser Epoche zu beschäftigen. Bringen Sie deshalb ausreichend Zeit mit!
Da erwartungsgemäß für ein solch kulturelles Großereignis mit großem Andrang zu rechnen ist, hat der Kunstbau während der Ausstellung von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 21 Uhr geöffnet. Um dem größten Gedränge zu entgehen, wird es daher ratsam sein, eher in den Abendstunden zu kommen. Zudem finden täglich fünf jeweils etwa einstündige Führungen um 10.15, 12.15, 14.15, 16.15 und 18.15 Uhr statt (4 € pro Person), die jedem zu empfehlen sind, der mehr über die Hintergründe erfahren und sich Lesearbeit in der Ausstellung ersparen möchte.
Beachten Sie bitte auch, dass die Tickets für die Ausstellung und die Führungen nur im Lenbachhaus selbst und nicht im Kunstbau verkauft werden. Das mag zwar etwas umständlich sein, ist angesichts des großen Besucherandrangs aber verständlich.
Wolfgang Vogl