Hermann Sickinger sitzt in seinem Rollstuhl bescheiden in der Ecke.
Geholfen haben viele, dass das „Cafe Zenja“ in der Planegger Straße Wirklichkeit wurde, doch Hermann Sickinger gebührt der Hauptanteil. Der Germeringer Chef vom Club Behinderter und ihrer Freunde (CBF) München und Region hatte im Erdgeschoss des Zentrums für Jung und Alt, dem früheren Unterpfaffenhofener Rathaus, die ehemaligen Räume eines Supermarktes für den CBF erworben. Die Stadt selbst musste mangels Geld in der Kasse beim Erwerb der Räume passen. Im Zenja hat der CBF seither seine Geschäftsstelle und jetzt auch das „Sozialcafe“ seinen Standort gefunden – und mit diesem fünf Langzeitarbeitslose eine Arbeitsgelegenheit.
Ein Arbeitsplatz ist das noch nicht, aber der Ein-Euro-Job im Cafe Zenja macht den Beteiligten Mut. Bei der Eröffnungsfeier am Samstag tragen sie in ihren orangefarbenen T-Shirts engagiert die belegten Häppchen durch die dicht gedrängten Reihen. „Ich bin so froh, hier zu sein“, sagt Barbara Reisböck aus Mammendorf. Die 52-Jährige, die früher im Gastronomiebereich tätig war, ist zehn Jahre ohne Beschäftigung gewesen. „Wir haben nur gute Erfahrungen mit Ein- Euro-Jobbern“, zeigt sich die Geschäftsführerin des Germeringer Sozialdienstes Sonja Thiele vom Cafe-Projekt überzeugt. Zusammen mit Anita Schindler von der Germeringer Insel hatte sie diese Idee bereits vor einigen Jahren.
Mit dem Sozialdienst als Projektträger kam auch das Jobcenter Fürstenfeldbruck mit ins Boot. „Wir müssen immer schauen, welche Projekte machen Sinn“, meinte Jobcenter-Geschäftsführerin Carolin Hufnagl bei der Eröffnung. Zumal die Mittel für so genannte Eingliederungsleistungen für 2011 um 25 Prozent gekürzt worden sind.
Das Cafe Zenja mache Sinn, so Hufnagl zufrieden. Die fünf beschäftigten Langzeitarbeitslosen werden vom Sozialpädagogen Tobias Henkel betreut, der beim Sozialdienst angestellt ist. „Natürlich würden wir gerne jeden Ein- Euro-Jobber in eine feste Arbeit vermitteln“, sagt Henkel, doch die Quote ist erfahrungsgemäß eher niedrig. Private Spender finanzieren das Sozialprojekt im Mehrgenerationenhaus mit.
„Ich werde mich jedem individuellen Fall widmen“, verspricht Henkel, der ab sofort auch in Germering die Beratung von Langzeitarbeitslosen übernimmt. Jeden Montag von 9 bis 13 Uhr hilft er im Zenja bei Antragsstellung, um das Jobcenter in Bruck zu entlasten.
Das Cafe ist keinesfalls ein Provisorium, die geschmackvolle Einrichtung animiert zum Verweilen. Leoni Seyfried, die Leiterin des Cafes, kommt aus dem Hotelfach. Mitgeholfen haben beim Cafe Zenja viele Spender. Es kamen allein durch private Spenden 10.000 Euro zusammen, wie Thiele berichtet. Vom Arbeitslosenfonds des Ordinariats, der Germeringer Sozialstiftung und der Sparkassenstiftung bis zum SZ-Adventskalender beteiligten sich diverse Organisationen mit Sach- und Geldspenden am Zustandekommen des Projekts. „Mit dem Cafe Zenja ist Germering als soziale Stadt noch eine rundere Sache geworden“, jubelt auch Oberbürgermeister Andreas Haas bei der Eröffnungsfeier am Samstag. Haas betont, dass das Cafe ein Angebot für Menschen mit schmalerem Geldbeutel sei.
Die Preise sind niedrig. Eine Tasse Kaffee kostet einen Euro. „Alkohol gibt es nicht“, sagt Thiele, die hofft, dass auch Jugendliche mit wenig Taschengeld oder die Besucher der Germeringer Tafel kommen.
Karl-Wilhelm Götte